
Reisebericht Lima - Peru
Ich nutze die kreative Pause in der Steinhalle, um fürs nächste Menü "Lima Highlights" zu scouten. Zehn Tage Peru stehen auf dem Plan, eine Reise voller Aromen und Inspirationen. Mein Begleiter: Fotograf und Freund Anders Stoos. Viel Spass beim Lesen – und freut euch darauf, ab dem 13. März 2025 in der Steinhalle meine Interpretation von Lima zu erleben.

Ein Morgen in Miraflores, Kaffee und Kunst: Entdeckungen in Barranco
Nach einem langen Nachtflug landeten wir um 06:10 Uhr in Lima. Die Stadt hiess uns willkommen mit der frischen Brise des Pazifiks. Unser erstes Ziel: das Belmond Park Hotel Miraflores. Modern, stilvoll und mit einem Service, der keine Wünsche offenlässt. Dank des erstklassigen Concierge-Services konnten wir unser Zimmer sofort beziehen. Die erste Dusche nach dem Flug? Einfach himmlisch.
Nach einer kurzen Erfrischung machten wir uns zu Fuss auf ins benachbarte Viertel Barranco, ein Mekka für Kunstliebhaber, mit Galerien, Museen und einem unvergleichlichen Flair. Schon nach 15 Minuten entdeckten wir das Ciclos Café, eine Oase für Kaffeeliebhaber.

Paar Strassen weiter finde ich dann meinen neuen Lieblingplatz, das Caleta Dolsa, eine Kaffee Rösterei & Bar. Hier geniesst man Kaffee in Perfektion: Perfekt temperiert und mit einem Aroma, das selbst anspruchsvolle Gaumen begeistert. Dazu probierte ich eine Amazonia-Açaí-Bowl – frisch, fruchtig und genau das Richtige, um den Tag zu starten. Besonders spannend: Das Café röstet ausschliesslich Spezialitätenkaffee und beliefert damit die Top-Restaurants der Stadt.

Ein Mittagessen, das begeistert: La Mar
Der Lunch führte uns ins legendäre La Mar, eine Institution für Ceviche und Tiraditos. Um kurz vor zwölf bekamen wir noch ohne Wartezeit einen Platz – und tauchten ein in die lebhafte Atmosphäre. Offene Bauweise, Meeresbrise, fröhliche Gäste – die gute Stimmung im Restaurant ist ansteckend.
Unsere Bestellung: Zwei Ceviche-Varianten – eine mit Wolfsbarsch, eine mit pikantem Thunfisch – und drei Tiraditos. Besonders die Version mit gelber Chili faszinierte mich mit ihrer Balance aus Schärfe und Aroma. Ein Teller mit goldenen Kartoffeln, knusprig und nussig im Geschmack, komplettierte das Erlebnis. Einzig die gross geschnittenen Fischstücke irritierten mich etwas – daran muss man sich gewöhnen.
Zum Dessert gönnten wir uns Cherimoya mit Karamellsauce und Baisers. Viel zu süss, aber die exotische Fruchttextur war spannend.

Schokoladenkunst in der Casa Túpac
Nachmittags tauchten wir in die Welt der Schokolade ein. Die Casa Túpac beherbergt eine innovative Testküche, die mit Zutaten aus dem Amazonas experimentiert. Im Kräutergarten schnupperten wir an Gewürzen und hatten danach eine Privat-Audienz bei Chef Nilver, der uns erklärte, wie hier jede Frucht ganzheitlich verwertet wird – von der Kakaobohne bis zur Schale. Ein faszinierender, zukunftsweisender Ansatz, der zum Nachdenken anregt: Welche Lebensmittelreste könnten auch bei uns in der Küche ein Comeback feiern?




Lima Highlights: Der zweite Tag
Trotz des sechs Stunden Jetlags hatten wir hervorragend geschlafen und waren schon früh voller Energie. Um 7:00 Uhr starteten wir den Tag in unserem Lieblingscafé, dem Ciclos Café, das inzwischen fast unser zweites Büro geworden ist. Während wir uns durch E-Mails und geschäftliche Aufgaben aus der Schweiz arbeiteten, versüssten uns perfekt temperierte Cappuccinos den Morgen. Die Kombination aus entspannter Atmosphäre und exzellentem Kaffee hat definitiv ihren Platz in unserem Herzen gefunden.
Lunch im Mérito: Höhen und Tiefen
Mittags stand das angesagte Mérito auf dem Plan. Ich hatte einen Platz an der Küchenbar reserviert – als Koch natürlich ein absolutes Highlight. Die Gelegenheit, das Küchenteam bei der Arbeit zu beobachten, ist für mich immer spannend: Wie organisieren sie sich? Wer macht was?
Die Weinkarte bestand überwiegend aus chilenischen und argentinischen Weinen. Laut dem Sommelier seien die peruanischen Weine weniger empfehlenswert. Die importierten Flaschen waren allerdings stark überteuert, also entschied ich mich für einen Cocktail. Meine Wahl: ein Negroni, zubereitet mit peruanischen Spirituosen – ein mutiger Start ins Mittagessen, aber geschmacklich hervorragend.

Das Menü begann vielversprechend mit drei kreativen Snacks, die optisch und geschmacklich absolut auf Sterne-Niveau waren. Doch danach kippte das Erlebnis: Die Herzmilke war viel zu schwer und geschmacklich langweilig. Der Oktopus, obwohl zart, kam in einer riesigen Portion und ohne geschmackliches Highlight – einfach uninspiriert.
Das Dessert, ein Karamell-Flan, war solide, aber auch nichts, was in Erinnerung bleibt. Es fühlte sich an, als hätte das Menü zwei Persönlichkeiten: Die Vorspeisen und Snacks waren top, der Rest eher mittelmässig. Wie kann es sein, dass ein Restaurant so unterschiedliche Levels auf einem Teller vereint?
Etwas enttäuscht verliess ich das Mérito. Zur Aufmunterung gönnte ich mir auf dem Rückweg eine Kugel Lucuma-Eis in einer kleinen Gelateria – ein süsser Lichtblick, der den Mittag gerettet hat.

Abendessen im Astrid & Gastón: Die Legende verblasst
Für das Dinner ging es in den historischen Stadtteil Limas, in das Astrid & Gastón, ein ikonisches Restaurant in einem prachtvollen Heritage-Gebäude. Dieses Lokal war einst der Ausgangspunkt der peruanischen Küchenrevolution und katapultierte die Landesküche auf die internationale Bühne.
Doch was ich erlebte, fühlte sich wie ein Schatten vergangener Glanzzeiten an. Das Essen war solide, aber in die Jahre gekommen. Ceviche, Jakobsmuschel, ein Taco mit Meerschweinchen und Rind – keines der Gerichte hinterliess einen bleibenden Eindruck. Kein „Wow-Moment“, kein Gericht, das man unbedingt wieder bestellen möchte.
Der Service passte sich dem Essen an: Unpersönlich, fast wie am Fliessband. Bei bis zu 150 Gästen pro Service fühlte sich das Restaurant mehr wie eine Fabrik an als wie ein Ort des Genusses.
Einziger Lichtblick: Die Weinkarte war beeindruckend. Zu meiner Überraschung fand ich sogar meinen Lieblingsweisswein, den Coulée de Serrant. Leider war er zum dreifachen Preis gelistet, wie wir ihn in der Steinhalle anbieten – ein teures Trostpflaster, das ich mir dann doch verkniffen habe.

Lima Highlights: Tag 3 - Perfektion auf allen Ebenen
Der dritte Tag in Lima war ein kulinarischer Höhepunkt. Unser Lunch fand im berühmten Central, dem aktuell besten Restaurant Südamerikas, statt. Schon beim Betreten spürten wir, dass wir hier in einer eigenen Liga spielten: Alles – vom Empfang bis zur Verabschiedung – war minutiös durchgeplant. Es fühlte sich an wie eine makellose Inszenierung, ein kulinarisches Theater, bei dem jeder Handgriff perfekt sitzt.
Das Team im Central umfasst beeindruckende 140 Personen – 30 Köche allein in der Küche, dazu 28 Kellner im Service. Jeder Handgriff war durchdacht, jeder Mitarbeiter hochprofessionell. Man könnte fast meinen, sie hätten eine Art „Hirnwäsche“ durchlaufen, so synchron und einheitlich arbeiteten sie. Doch genau diese Perfektion machte das Erlebnis so besonders.

Selbst die kleinen Details waren beeindruckend: Zu jedem Gericht wurde das Besteck individuell angepasst – handgefertigte Löffel oder Gabeln, die perfekt zum jeweiligen Gang passten. Die Unterlagen auf dem Tisch wechselten je nach Gang zwischen Papier und Leder. Es war, als hätte man das gesamte Erlebnis mit einem künstlerischen Feinschliff versehen.
Und dann kam das Essen: Meisterhaft. Meine Favoriten waren:
- Kürbis mit warmen Scampi, ein Spiel aus erdigen und maritimen Aromen.
- Gegrillter Hummer mit einer Art peruanischer Aioli, die so samtig und würzig war, dass ich am liebsten noch mehr Brot zum Dippen gehabt hätte.
- Ein erfrischendes Dessert aus Kräutereis, Agavensirup und Kakaonibs, das gleichzeitig leicht, aromatisch und überraschend war.
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Die Gerichte waren so einprägsam, dass ich sie auch ohne Fotos noch genau vor Augen habe. Bei einigen hätte ich am liebsten gleich eine zweite Portion bestellt!
Der Unterschied zu den gestrigen Restaurants war riesig. Natürlich sind viele Küchen in Lima kreativ, aber nur wenige schaffen es, Geschmack, Optik und den roten Faden eines Menüs so auf den Punkt zu bringen wie das Central.

Sundowner auf der Rooftop-Terrasse
Nach diesem spektakulären Lunch gönnten wir uns eine Pause im Hotel und erlebten den Abend mit einem weiteren Highlight: Der Sonnenuntergang auf der Rooftop-Terrasse. Um 18:30 Uhr bot sich uns ein perfektes Farbenspiel über dem Pazifik, das mit einem Glas Champagner in der Hand fast schon magisch war.

Dinner im Mayta: Genuss mit kleinen Schwächen
Das Abendessen führte uns ins Mayta by Jaime Pesaque, das ebenfalls auf der renommierten Liste der „50 Best“ rangiert. Das Restaurant beeindruckte mit einem eleganten, modernen Design, das durch peruanische Akzente ergänzt wurde.
Das Essen? Sehr gut, mit einem tollen Konzept und viel Liebe zum Detail. Viele Gerichte vermitteln die peruanische Geschichte, die durch die Präsentation von Produkten erzählt und die Erklärungen des Serviceteams ergänzt wurden. Besonders in Erinnerung blieben:

Knusprig frittierte Süsskartoffeln mit Frischkäsefüllung

Ein hervorragendes Rinderrippenstück, das mit Kräutern und salzigen Algen

Ein Dessert mit einer kiwiähnlichen Frucht, serviert als Schaum, Sorbet und Gelee

Dazu gönnte ich mir einen Schaumwein aus Argentinien, Casa Boher Extra Brut, hergestellt nach der Champagner-Methode. Er war so gut, dass ich mir ein weiteres Glas bestellte und direkt darüber nachdachte, ob wir diesen Wein auch in der Steinhalle anbieten könnten.
Trotz der herausragenden Küche fehlte mir etwas Entscheidendes: die persönliche Note im Service. Der Funke sprang nicht über, was vielleicht an der Sprachbarriere lag, aber bei einem Essen auf diesem Niveau hätte ich mir mehr Herzlichkeit gewünscht. So blieb das Dinner zwar beeindruckend, aber nicht unvergesslich.
Die Rückfahrt mit dem Hoteltaxi entlang der Küste von Miraflores zurück ins Hotel war ein perfekter Abschluss dieses rundum gelungenen Tages, der einmal mehr gezeigt hat, warum Lima zu den kulinarischen Hauptstädten der Welt gehört.

Lima Highlights: Tag 4 - Neuer Tag, gleicher Start
Wie gewohnt starteten wir den Tag um 08:00 Uhr im Caleta Dolsa Barranco, unserem Lieblingscafé. Heute gab es zum Frühstück einen Sauerteigtoast mit Käse, Schinken und einer süss-sauren Tomatensalsa – simpel, aber unglaublich lecker. Nach vier Cappuccinos und einer produktiven Runde Büroarbeit hatten wir fast alles erledigt, was für die Geschäfte in der Schweiz anstand.

Ein Abstecher zum Mercato Santa Cruz
Am frühen Nachmittag besuchten wir den Mercato Santa Cruz in Miraflores. Der Markt war eher klein und auf das Quartier ausgerichtet, aber trotzdem inspirierend. Die Vielfalt an Früchten, Kartoffeln, Chilis und Mais war beeindruckend – Peru zeigt schon in kleinen Märkten, warum es weltweit für seine Zutaten geschätzt wird. Gleichzeitig machte dieser Markt mich neugierig, wie die Märkte in Cusco aussehen, wo die Vielfalt noch grösser sein soll.

Late Lunch im Maido – Japanisch-peruanische Perfektion
Am Nachmittag stand ein weiteres kulinarisches Highlight an: ein Besuch im Maido, einem der besten Nikkei-Restaurants der Welt. Die Reservation war um 16:00 Uhr – eine etwas seltsame Zeit für ein Essen, irgendwo zwischen Late Lunch und Early Dinner. Aber mit dem Jetlag funktionierte das perfekt.
Der Service war freundlich und gut eingespielt, und die Küche lieferte durchweg hohe Qualität. Ich gönnte mir dazu einen exzellenten chilenischen Schaumwein, der perfekt zu den Gerichten passte.

Die Highlights des Menüs:
- Tuna Toro: Der Bauch eines etwa 5 kg schweren Thunfischs wurde spektakulär präsentiert. Serviert wurde er mit Andenreis und Bohnen
- Black Cod: Japanisch mariniert und auf peruanische Weise gegrillt. Dieses Signature-Gericht des Maido war fantastisch. Sie beziehen den Fisch täglich frisch aus Nordperu – ein absoluter Genuss.
- Meerschweinchen-Knusperli: Ein Gericht, das mich etwas Überwindung kostete, aber am Ende tatsächlich gut schmeckte.
Die Überraschung des Tages:
Zum Dessert wurde mir eine Schweinswurst in Form eines Parfaits serviert. Ja, richtig gelesen – ein Dessert aus Schweinswurst. Ein mutiger, kreativer Versuch des Patissiers, der mich jedoch nicht überzeugen konnte. Es war okay, aber definitiv kein Highlight.
Die Kombination aus peruanischer und japanischer Küche im Maido war faszinierend, und das Essen insgesamt sehr gut.

Tag 5: Von Lima nach Cusco – Ein perfekter Einstieg auf 4000 Metern
Der Tag begann früh, denn wir mussten unsere Sachen packen und uns auf den Flug nach Cusco vorbereiten. Aufgrund des berüchtigten Morgenverkehrs in Lima – zwischen 7 und 9 Uhr herrscht hier quasi Stillstand – entschieden wir uns, mit dem Hoteltaxi besonders früh zum Flughafen aufzubrechen. Die Fahrt lief erstaunlich reibungslos, und auch am Flughafen lief alles glatt. Zum Glück gab es dort guten Kaffee, der uns die Wartezeit verkürzte, während wir nebenbei noch ein paar Büroarbeiten erledigten.

Ankunft in Cusco – Erster Eindruck und Kaffee-Highlight
Der Flug startete pünktlich, und auch in Cusco lief alles wie am Schnürchen. Unser Fahrer wartete bereits am Flughafen auf uns und brachte uns zügig ins Hotel. Dort checkten wir nur schnell ein, bevor wir uns direkt auf den Weg ins Three Monkeys Coffee machten – ein Tipp vom Chef der Testküche im Central.
Das Café war eine fantastische Empfehlung! Es war erst vor Kurzem eröffnet worden und beeindruckte uns mit seinem stylischen Interieur. Die Auswahl an Blätterteiggebäck war so gut, dass wir uns unweigerlich fragten, warum es in Bern nicht etwas Vergleichbares gibt. Der Cappuccino, zubereitet aus einer besonderen Bohne aus der Region Cusco, schmeckte herrlich fruchtig und war ein echtes Highlight. Ein grossartiger Start in Cusco, und mit drei weiteren Restaurant-Tipps vom Barista im Gepäck fühlten wir uns bestens gerüstet.

Der San Pedro Market – Ein Fest der Sinne
Gestärkt machten wir uns auf den Weg zum San Pedro Market, und dieser übertraf all unsere Erwartungen. Der Markt war riesig und bot wirklich alles, was man sich nur vorstellen konnte: Chilis, Quinoa, getrockneten Mais, Früchte, Fleisch, Kräuter und vieles mehr. Die Atmosphäre war lebendig, mit fröhlichen Verkäuferinnen in traditionellen Trachten und geschäftigem Treiben an jeder Ecke.
Wir schlenderten über zwei Stunden lang durch die endlosen Reihen von Ständen. Die Vielfalt war überwältigend, und ich begann bereits Preise zu vergleichen und zu überlegen, was ich später alles kaufen könnte. Doch irgendwann merkte man dann doch, dass wir bereits seit 5 Uhr morgens auf den Beinen waren.




Ein spätes Mittagessen im Cicciolina
Auf dem Rückweg ins Hotel legten wir einen Zwischenstopp im Restaurant Cicciolina ein, einem charmanten Ort für ein spätes Mittagessen. Das Essen war fein, schnell serviert und genau richtig nach einem langen Vormittag:
- In Quinoa panierte Crevetten – knusprig, aromatisch und perfekt gegart.
- Alpaka-Steak – zart und würzig, eine tolle regionale Spezialität.
- Petersiliennudeln mit Lammfleisch – hausgemacht und mit einer wunderbaren Balance aus Kräutern und Fleischgeschmack.

Ein unkompliziertes, aber sehr gelungenes Essen, das uns gut auf den Rest des Tages vorbereitete.
Nach dem Essen spürten wir, dass die Höhe von 4000 Metern über dem Meer uns doch ein wenig zu schaffen machte. Die leichten Kopfschmerzen waren erträglich, aber schon nach einem kurzen Anstieg ging uns deutlich schneller die Luft aus, als wir es gewohnt sind. Von Meereshöhe direkt auf diese Höhe zu wechseln, ist definitiv sportlich – aber die Schönheit der Umgebung machte alles wieder wett.

Das Hotel – Eine Oase der Ruhe
Unser Hotel, das Belmond Monasterio, ist ein ehemaliges Kloster, das mit viel Liebe restauriert wurde. Es war nicht nur wunderschön, sondern auch durchdacht: Wir bekamen beide ein kostenloses Zimmer-Upgrade, und der Fun Fact des Tages war, dass in die Zimmer 3 % Sauerstoff eingeleitet wird, um die Höhenanpassung zu erleichtern. So etwas hatten wir noch nie gehört, aber es machte den Aufenthalt umso angenehmer. Überall im Hotel hingen historische Bilder, und die gesamte Anlage strahlte eine Mischung aus Geschichte und Komfort aus.

Nachtessen im Morena – Klassiker mit Twist
Am Abend entschieden wir uns, das Morena Restaurant auszuprobieren, einen Tipp, den wir noch vor unserer Reise bekommen hatten. Ohne Reservierung liefen wir hinein, wurden jedoch freundlich darauf hingewiesen, dass das Restaurant voll sei. Uns wurde angeboten, an der Bar zu warten, bis ein Tisch frei wird – was erstaunlich schnell ging.
Wir starteten das Essen mit einer Causa, einem typischen peruanischen Gericht, das geschmacklich an einen russischen Salat erinnert, jedoch mit Huhn zubereitet wird. Es schmeckte gut, war aber etwas mächtig – ein frischer Salat dazu machte es perfekt.

Als Hauptgang entschieden wir uns für Lomo Saltado, ein Klassiker der peruanischen Küche. Die zarten Rindfleischstreifen wurden mit einem unglaublich feinen Quinoa-Risotto serviert, das uns beide restlos begeisterte. Der Risotto war so aussergewöhnlich gut, dass ich es mir nicht nehmen liess, den Küchenchef persönlich nach seinem Rezept zu fragen. Leider erklärte er mir, dass viele spezielle peruanische Produkte in die Zubereitung einfliessen, die es in der Schweiz kaum zu kaufen gibt. Trotzdem werde ich es einmal ausprobieren – allein die Idee hat mich schon inspiriert.
Nach diesem gelungenen Abendessen machten wir uns zufrieden auf den Weg zurück ins Hotel.




Tag 6: Ein Tag im Mil – Tradition, Gastronomie und Perspektiven
Der Tag begann früh: Um 7:30 Uhr wurden wir vom Hotel abgeholt, um die rund 1 Stunde und 45 Minuten lange Fahrt ins Mil Restaurant anzutreten. Die Strecke war holprig, aber unglaublich abwechslungsreich. Es war faszinierend, aus dem Fenster zu schauen und das geschäftige Treiben der Peruaner zu beobachten, die frühmorgens unterwegs waren. Die Szenerie war beeindruckend: Schroffe Berge, Felder, Dörfer und ein Einblick in das einfache Leben der Menschen hier.

Einblick in die Welt der Anden-Produkte
Pünktlich um 9:00 Uhr erreichten wir das Restaurant. Doch bevor das eigentliche Essen begann, erwartete uns eine dreistündige Tour, die uns in die Welt der Anden-Produkte eintauchen liess. Begleitet wurden wir von einem Einheimischen aus einem Nachbardorf und einem Dolmetscher, die uns alles zeigten und erklärten.
Wir durften viele Kräuter und Pflanzen direkt probieren, von denen wir zuvor noch nie gehört hatten, und erfuhren spannende Details über die Lagertechniken und die Zubereitungsweisen der Zutaten. Besonders eindrucksvoll war, dass ältere Frauen aus dem Dorf uns zeigten, wie sie ihre Kleider färben und weben – eine Tradition, die hier noch immer täglich gelebt wird.

Selbst Hand anlegen war auch möglich:
Wir versuchten uns am Weben, was sich erstaunlich ähnlich anfühlte wie Kochen – ein langsamer, meditativer Prozess, der uns in eine ganz andere Welt versetzte. Es war schön zu sehen, dass das, was uns gezeigt wurde, keine inszenierte Show war, sondern der authentische Alltag dieser Menschen. Das Leben hier auf dem Land wirkte sehr einfach, fast wie eine Zeitreise 100 Jahre zurück.




Das kulinarische Erlebnis im Mil
Nach der Tour war unser Hunger gross, und wir wurden zuerst an die Bar geführt, wo uns drei verschiedene Aperitif-Getränke serviert wurden. Danach ging es ins Restaurant, wo uns ein Menü erwartete, das – ähnlich wie im Central – nach Höhenlagen der Region strukturiert war.
Die Gerichte waren extrem speziell und kreativ, aber nicht immer harmonisch oder geschmacklich überzeugend. Es war eine aussergewöhnliche Erfahrung, die Gastronomie auf diese Weise neu zu denken. Wir assen mehr Blüten an einem einzigen Tag, als wahrscheinlich jemals zuvor in unserem Leben. Das Erlebnis war einzigartig, keine Frage, doch die Gerichte selbst wirkten teilweise überfordert und zu ambitioniert.
Dennoch war die Reise in eine andere kulinarische Kultur beeindruckend und auf ihre Weise inspirierend – ein 360-Grad-Trip in eine Region, die mit ihrer Authentizität und Geschichte überwältigte.




Persönlicher Abschluss in der Küche
Nach dem Essen lud uns der junge Küchenchef in die Küche ein. Er begrüsste uns herzlich und erzählte voller Energie und Begeisterung von seiner Arbeit. Es war schön zu sehen, wie viel Leidenschaft und Freude der Nachwuchs in der Gastronomie hierzulande zeigt. Diese ansteckende Begeisterung machte deutlich, dass die nächste Generation bereit ist, Verantwortung zu übernehmen und die peruanische Küche weiter voranzutreiben.

Dinner im Oculto
Zurück in Cusco stand am Abend das Restaurant Oculto auf dem Programm. Dies war eine Empfehlung des Küchenchefs vom Mil, der uns verriet, dass es sein Lieblingsrestaurant in Cusco ist – wenn er denn einmal frei hat. Und das ist in Peru selten: Die meisten arbeiten hier sechs Tage die Woche und haben gerade einmal zwei Wochen Urlaub im Jahr.
Ohne grosse Erwartungen betraten wir das Restaurant und wurden nicht enttäuscht. Das Menü war kreativ und auf den Punkt, und der Service herzlich. Alle Gerichte waren sehr gut abgeschmeckt und überzeugten in ihrer Feinheit.
Das Restaurant präsentierte auch eine Auswahl an aufstrebenden peruanischen Weinen und Pet Nat, die besonders interessant waren. Die Weine hatten eine angenehme Frische und passen perfekt zu den geschmacklich intensiven Gerichten.

Alpaca-Tatar mit Aji Amarillo und 36 Monate gereiftem Parmesan

Ente mit Reis

Crevetten mit Aji Amarillo Sauce

Tag 7: Spezialitätenkaffee und die Jagd nach Zutaten
Am Morgen hatten wir uns auf die Suche nach besonderen Kaffeespezialitäten gemacht – Tipps dafür hatten wir vom Küchenchef des Mil Restaurants erhalten. Unsere erste Station war das Flora Coffee, gefolgt von Florenzia i Fortunata, einem charmanten Café, das ausschliesslich von Frauen geführt wird. Letzteres hat uns besonders beeindruckt: Feiner Kaffee, sorgfältig zubereitet, und eine kleine, durchdachte Speisekarte. Ich entschied mich für einen Avocado-Toast mit Randenhummus und Mangochutney – eine perfekte Kombination aus Frische und Süsse.




Die Jagd nach Originalzutaten
Der wichtigste Programmpunkt des Tages war jedoch der Einkauf von getrockneten Originalzutaten für das neue Menü. Auf meiner Liste standen Aji Amarillo, Quinoa in drei Farben und verschiedene getrocknete Maissorten. Dank meiner Recherchen und der letzten Tage auf den Märkten wusste ich bereits, wo ich alles finden würde. Doch Cusco hat auch seine Eigenheiten: Am Sonntag waren ausgerechnet einige der wichtigsten Läden geschlossen – trotz vorheriger Zusicherung, dass sie täglich geöffnet seien.
Kein Problem! Mit ein wenig Improvisation und Hilfe einer unglaublich freundlichen Peruanerin, die uns auf dem Markt alle benötigten Zutaten zusammentrug, konnte ich die Einkaufsliste komplettieren. Sie verdiente sich ein schönes Trinkgeld, und ich war begeistert von der Qualität der Produkte. Diese Zutaten in der Steinhalle zu verwenden, wird ein echter Genuss – vorausgesetzt, der Schweizer Zoll spielt mit.




Tag 8: Ein krönender Abschluss und eine turbulente Heimreise
Nach einem kurzen und sehr frühen Flug starteten wir unseren letzten Tag in Lima – wie könnte es anders sein – mit einem Frühstück in unserem Lieblingscafé. Ein letzter Cappuccino, ein Blick auf den Pazifik und noch ein paar Stunden konzentrierte Arbeit an der neuen Steinhalle-Weinkarte. Mit dem Frühling vor der Tür wollen wir die Auswahl noch weiter ausbauen, unsere Weinkompetenz unterstreichen und gleichzeitig die Wünsche unserer Gäste stärker einfliessen lassen. Natürlich durfte auch die eine oder andere persönliche Trouvaille nicht fehlen – Weine, die ich selbst gerne trinke und die eine spannende Ergänzung für unsere Karte sein werden.

Der letzte kulinarische Höhepunkt: Lunch im Kjolle
Den krönenden Abschluss meiner Reise bildete der Lunch im Kjolle, dem Restaurant von Pía León, bevor es zum Flughafen ging. Ich hatte in den letzten Tagen viel Gutes über das Kjolle gehört und war gespannt. Das Konzept war lockerer als im Central, weniger strenge Philosophie, dafür ein klarer Fokus auf exzellente Produkte, sowohl aus Peru und ganz Südamerika. Genau mein Ding.
Das Besondere: Das Central, die Testküche Casa Túpac und das Kjolle befinden sich am selben Ort, und nach mehreren Besuchen wurde ich von den Mitarbeitenden fast schon mit einem freundschaftlichen Nicken begrüsst. Zum ersten Mal in Lima erlebte ich auch einen persönlich herzlichen Service, was das gesamte Erlebnis noch einmal aufwertete. Ich hatte das Glück, vom Chef-Sommelier bedient zu werden. Obwohl ich nur ein Glas Schaumwein bestellte, reichte er mir über das gesamte Menü hinweg verschiedene peruanische Weine zum Probieren. Die peruanische Weinkultur steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber es war spannend zu sehen, wie sie sich am Entwickeln ist.
Das Menü:
- Brot mit Peperoni-Tapenade und Minze – eine Geschmacksexplosion gleich zu Beginn. Wow!
- Das beste Ceviche meiner Reise – frisch, perfekt abgeschmeckt.
- Jakobsmuschel auf den Punkt gegart, begleitet von einem zarten Stück Stampi mit Krustentierschaum und Andenlimette.
- Schweinebauch-Variation als Hauptgang – solide, aber nicht ganz auf dem Niveau der vorherigen Gänge.
- Dessert aus der Kakaopflanze – kreativ, experimentell und ein passender Abschluss.
Die offene Schauküche arbeitete ruhig und konzentriert, der Service war aufmerksam, und die Atmosphäre entspannt. Es wurde wieder einmal deutlich: Mit exzellentem Service schmeckt gutes Essen noch besser – oder zumindest fühlt es sich so an. Eine inspirierende Erfahrung!




Die Heimreise – ein Geduldsspiel
Nach dem Lunch ging es zurück ins Hotel, Koffer packen, letzte Blicke auf Lima geniessen und dann ab zum Flughafen. Doch leider lief der Rückflug nicht so reibungslos wie die Ankunft.
Vier Stunden Verspätung waren erst der Anfang. Als wir nach zwei Stunden Flugzeit bereits über Bolivien waren, verschlechterte sich der Gesundheitszustand eines Passagiers so stark, dass sich der Pilot zur Notlandung zurück nach Lima entschied. Dort wurde aufgetankt, medizinische Hilfe geleistet, und erst nach weiteren drei Stunden am Boden, aber immer noch im Flieger, konnten wir wieder starten.
Aus einem elfstündigen Flug wurden zwanzig Stunden – ein unfreiwilliger Langstreckenmarathon für alle an Bord, sowohl für die Passagiere als auch für die Crew.
Fazit: Peru – eine Reise voller Inspiration
Trotz der turbulenten Rückreise bleibt mein Eindruck von Peru unvergesslich. Kreativität, unglaubliches Storytelling, aussergewöhnliche Produkte und ein enthusiastischer Hospitality-Nachwuchs – dieses Land hat riesiges Potenzial und hat mich tief beeindruckt.
Mein Fazit: WOW! Erlebt es selbst!