
Reisebericht New York City
In der Steinhalle servieren wir eine Küche, die die Sinne schärft, inspiriert von Reisen, Bildern und Gedanken. Nach gut sechs Jahren Steinhalle gönnen wir uns eine geballte Ladung Kreativität und befeuern unsere Inspiration auf Entdeckungstouren rund um die Welt. Mein erster Halt auf dieser kulinarischen Reise: New York City.
Die Herausforderung, die perfekten Restaurants für meine einwöchige Food-Expedition auszuwählen, ist eine erfreuliche Aufgabe, die von unzähligen Möglichkeiten geprägt ist. Ich durchforste meine Lieblings-Food-Blogs, lasse mich von den Empfehlungen des Michelin Guides inspirieren und werfe einen Blick auf diejenigen, die es unter die 50Best geschafft haben. Meine Food-Bubble auf Instagram ist ebenfalls eine wichtige Quelle für meine Recherche.
Durch die Strassen von New York streifend, suche ich nach den hippen Spots, renommierten Restaurants und Erlebnissen, die meine Sinne herausfordern, inspirieren und begeistern.
Begleite mich auf dieser Reise durch New York City, wo jeder Bissen, jeder Geschmack und jede Begegnung eine Geschichte für sich erzählt.
Viel Spass beim Lesen, Markus Arnold

Tag 1
Die Reise startet frühmorgens in der Schweiz. Nach einem achtstündigen Flug und einer sechsstündigen Zeitverschiebung steige ich fast ohne Zeitverlust aus dem Flieger. Für meinen Aufenthalt in New York habe ich das Glück, bei Freunden in einer Loft in Brooklyn unterzukommen. Von hier aus beginnt mein kulinarisches Abenteuer.
Gleich am ersten Abend mache ich mich auf nach Manhattan's Little Italy zum Dinner bei Pasquale Jones. Ein super einfacher Italiener, der mit fluffigen Hackbällchen, hausgemachter Pasta und Jakobsmuschel-Ceviche punktet. Die Atmosphäre ist top, das Essen einfach und preiswert. Das Business läuft gut und es gibt vier Seatings pro Abend – unvorstellbar in der Schweiz. Kaum hat man den letzten Bissen genossen, liegt schon die Rechnung auf dem Tisch: typisch New York.
Ein vielversprechender Start! Ich gehe schlafen und freue mich auf mehr Genuss und Geschmack aus Big Apple!

Tag 2
Der Tag beginnt in Brooklyn mit starkem Kaffee und Bagels bei Black Seed Bagels. Heute entscheide ich mich für einen Bagel mit Kernen, Ei, Käse, Avocado, Schinken und natürlich Cream Cheese. Ich variiere ihn täglich und komme meinen Lieblings-Bagel immer näher. Es fehlt im Moment noch etwas mehr Spice.

Zum Mittagessen zieht es mich zu Ivan Ramen, DEM Ramen-Shop in NY schlechthin. Der Laden ist stark frequentiert, die Stimmung gut. Die Ramen sind solide, können jedoch nicht ganz mit meinen Erinnerungen aus Japan mithalten. Das Interessante: Die Nudeln sind viel dünner als gewöhnlich bei uns in der Steinhalle oder in Japan. Das Mundgefühl mit den dünnen Nudeln hat mich begeistert, also habe ich gleich eine dünne Nudelmatrize für die Steinhalle bestellt. Die frittierten panierten Auberginen als Beilage bleiben ebenfalls in Erinnerung.

Zwischen Mittag- und Abendessen mache ich einen kurzen Abstecher zu Russ and Daughters. Hier gibt es einen super Lachs-Bagel, und das seit vielen Jahren. Eine wahre Institution in New York.
Für das Abendessen wähle ich Easy Casual bei Atoboy, einem Restaurant mit einer von Korea inspirierten Küche. Hier erwarte ich Genuss ohne Schnickschnack. Die Kürbistempura mit Chili und Fontina-Schaum sind ein wahres Highlight, und das knusprige Chicken hat mich restlos überzeugt.
Das war ein guter Start in NYC, der mich schon jetzt darauf freuen lässt, was die nächsten Tage noch bringen werden. Stay tuned für weitere Geschmacksabenteuer aus New York City!

Tag 3
Der Tag beginnt mit einer Mission: Die Suche nach neuen Sheet Pans (Lunch- und Brunch-Trays) für die Steinhalle. Mit einem leeren Koffer bewaffnet (der übrigens noch nie leer nach Hause gekommen ist), stürze ich mich ins Einkaufsabenteuer, fest entschlossen, die Original Sheet Pans zu einem guten Preis zu kaufen.

Bald meldet sich mein Magen, und ich steuere direkt den Rockstar unter den Zuckerbäckern an - Dominique Ansel. Ein Cronut muss her, denn wer kann schon einem Croissant widerstehen, das ein Donut verschlungen hat? Vor 10 Jahren eroberte der Cronut die Welt im Sturm, sogar die Migros schielte neidisch nach New York. Persönlich bleibe ich jedoch dem klassischen Croissant treu. Cronuts sind mir einfach zu süss.

Am Abend stehe ich vor den Toren des Eleven Madison Park, einem Ort, der einst zu den besten Restaurants der Welt gehörte. Ein Hotspot in New York, den jeder einmal erleben wollte – sei es als Gast oder als Teil des Teams. Die Tische waren Monate im Voraus ausgebucht, bis die Pandemie kam.
Im Mai 2021 überraschte der Schweizer Besitzer und Küchenchef Daniel Humm die gastronomische Szene, als er das Restaurant nach der Wiedereröffnung komplett auf eine rein pflanzliche Küche umstellte. Die Kritiker waren skeptisch, aber Experten glauben an eine nachhaltige Prägung der Haute Cuisine.
Ich bin froh, dass ich kurzfristig einen Tisch reservieren konnte und werde herzlich mit einem Glas Champagner empfangen. Die ersten vier Gänge überzeugen durch ihre Intensität und überraschende Umami-Noten mit interessantenTexturen, ich habe nichts vermisst. Der Hauptgang hingegen enttäuscht mich: Der Spitzkohl, den ich vor einer Woche in der Neuen Taverne in Zürich genoss, war geschmacklich besser und interessanter – wenn auch nicht so kunstvoll angerichtet wie im EMP. Die Perfekte Form hat hier viel Geschmack eingebüsst; das Gericht wirkte geschmacklich eindimensional.
Das Dessert aus verschiedenen Soja-Lassi-Kugeln entpuppt sich als Schwachpunkt des Menüs. Es zeigt erneut, dass Hauptgericht und Dessert auch für Spitzenköche die grössten Herausforderungen im Menü darstellen. Der Service ist gut, wenn auch eher unpersönlich. Doch der Besuch in der Küche und das Gespräch mit dem Küchenchef sind dafür umso interessanter. Ein tolles Erlebnis mit vielen Höhepunkten, die mir in Erinnerung bleiben werden.

Tag 4
Der Tag startet mit einem Kaffee-Stopp in meinem Lieblings-Hipster-Café, Devoción. Hier gibt es grossartigen Kaffee von ausgewählten Produzenten, quasi das Adriano's von NYC. Bio, gute Qualität und eine angenehme Atmosphäre. Das Dulce de Leche Croissant ist ein absolutes Muss, auch wenn man danach den Lunch getrost streichen kann. Übrigens wird das Müesli hier von Daniel Humms Köchen im Eleven Madison Park produziert – sehr lecker, da erkennt man Humms Schweizer Wurzeln.
Küchengeschäfte üben eine magische Anziehungskraft auf mich aus, so auch MTC, der grösste Zulieferer für japanische Restaurants hier in NYC. Ich gönne mir ein neues Ramensieb. Aber vom Stöbern werde ich immer hungrig. Also mache ich mich auf den Weg zu Le Pain Quotidien, um die viel gepriesenen Milch-Hefeteig Buns zu probieren. David Chang, Gründer von Momofuku, hat diese Milchbrötchen erst kürzlich in den Himmel gelobt – Grund genug, sie nach ein paar Kilometern durch NYC zu kosten. Es handelt sich im Grunde um einen Berliner, aufgeschnitten und mit süsser Milch-Rahm-Crème gefüllt. Es war in Ordnung, aber meiner Meinung nach überhypt. Als Schweizer frage ich mich, wie etwas so Langweiliges die New Yorker zum Anstehen bewegen kann.

Zurück in Brooklyn steht Büro- und Recherchearbeit auf dem Programm und ein paar Stunden später treffe ich Freunde im Jua, einem koreanischen Fine-Dining-Restaurant mit Holzkohlegrill. Ein lockereres Fine-Dining-Konzept mit persönlichem koreanischen Twist und hochwertigen Zutaten aus Meer und Farmen rund um NYC. Die Weinkarte ist gut bestückt, aber wie immer in Amerika auch recht teuer.
Wir starten mit einer Flasche Champagner von "Henri Giraud", der so gut schmeckt, dass wir gleich dabeibleiben. Die Gänge sind perfekt abgeschmeckt, das Tempo stimmt, und der Service ist sympathisch persönlich und herzlich – in New York fast eine Ausnahme. Am besten geschmeckt hat mir der Reis-Porridge mit Abalone und einem tollen Sud mit angenehmer Schärfe. Die Ente im Hauptgang überzeugt mit einer feinen Rauchnote. Aber das wahre Highlight kommt mit dem Dessert: ein Sweet Potatoe Donut mit Vanilleeis. Der karamellisierte Donut erinnert an eine Tarte Tatin und ist zusammen mit dem Vanilleeis ein geschmackliches Meisterwerk.




Tag 5
Mein erster Halt an diesem Tag ist die Bäng Bar vom Momofuku-Gründer David Chang. Hier gönne ich mir einen kurzen Snack vor dem eigentlichen Mittagessen. Ein Fladenbrot in U-shape mit Spicy Pork und Kohl, ähnlich einem Kebap, aber alles ein wenig raffinierter und das Fladenbrot ist schön dünn wie eine Crêpe. Fein, preiswert, nicht mehr und nicht weniger.

Zum Mittagessen begebe ich mich ins Nami Nori, ein Sushi-Tresenkonzept ohne Sushimeister. Auf ein Stück knusprige Alge wird Reis und vormarinierter Fisch gelegt, in eine Form gestellt, und schon ist es in meinem Mund. Die Algenblätter sind immer schön knusprig, der Reis warm, aber der Fisch ist zum Teil sehr kalt, und mir fehlt ein wenig die Würze. Das Konzept ist sehr modern, die Mitarbeiter:innen in der Küche nehmen die Bestellungen am Computer auf – hier geht leider ein wenig das Sushi-Bar-Feeling verloren, das man sich an einem solchen Ort eigentlich wünscht.

Nach all dem Fine-Dining der letzten Tage habe ich Lust auf etwas Einfaches und mache mich auf den Weg zu La Rina Pastificio e Vino, um mir eine Lasagne zu bestellen. Der Besitzer, ein gebürtiger Italiener, hat vor ein paar Jahren die Green Card gewonnen und ist nach NYC gegangen, um ein Restaurant zu eröffnen.
Für mich immer ein gutes Zeichen, wenn der Chef selbst am Tisch sein Essen aus dem Restaurant geniesst. Das mache ich persönlich übrigens auch jeden Mittag in der Steinhalle (Qualitätskontrolle). Die Atmosphäre ist gemütlich, sehr italienisch, und ich muss sagen, es war eine der besten Lasagnen, die ich je gegessen habe.

Nach dem Essen besuche ich mit meinen Freunden noch ein MBA Basketball Match, ein gelungener Abschluss für einen weiteren Tag voller kulinarischer Entdeckungen in der Stadt, die niemals schläft.

Tag 6
Der Tag beginnt mit meiner bewährten Morgenroutine: Devoción, Black Seed und Absolut Coffee – danach ist die Büroarbeit am Laptop erledigt und es geht es los nach Downtown.
Für unterwegs gönne ich mir einen kleinen Hefeteig-Bun von der Librae Bakery. Mit viel Liebe für Details und perfekte Formen werden hier Croissants, Baguettes und Körnerbrote hergestellt. Mans sieht beim Kaufen die verglaste Produktion und sieht, dass alles von Hand hergestellt wird

Zum Lunch verschlägt es mich zu Tonchin Ramen, einem Ableger des bekannten Tonchin Ramen in Tokio. Ich bestelle eine Spicy Pork Ramen. Die dünn aufgeschnittene Fleischvariante ist interessant – vielleicht auch eine Idee für die Steinhalle. Die anders geschnittenen Frühlingszwiebeln sind ungewohnt, aber beim Essen überraschend und nicht störend. Beides werde ich zurück in der Schweiz ausprobieren. Das Dessert (Shaved Ice und ein Dessert mit karamellisierter Banane) sieht verlockend aus. Weil ich aber schon drei Stunden später wieder am Essen bin, verzichte ich schweren Herzens.

Am Abend gehe ich ins Odo, aktuell einer der angesagtesten Japaner, ausgezeichnet mit zwei Michelin Sternen. Es ist sehr schwierig, einen Platz zu bekommen. Das Restaurant arbeitet mit zwei Seatings, eines um 18:00 Uhr mit 7-8 Gästen und das zweite um 21:00 Uhr mit 6 Gästen. Der Eingang ist eine Bar, die oldschool aussieht und gleich für einen Aperitif einlädt.
Das Restaurant ist hinter einer Holztür versteckt, so wie man sich ein Speakeasy vorstellt, aber mit einem schönen japanischen Holztresen. Zum Start bestelle ich einen Tom Collins Cocktail mit japanischem Gin. Der schmeckt super lecker und stimmt auf den Abend ein. Ich hatte schon lange nicht mehr einen so guten Cocktail. Er erinnert mich an meinen Lieblings-Cocktail “Gradon Carter” der Abflugbar in Bern.




Da dies das exklusivste und am schwierigsten zu buchende Restaurant auf dem NY-Trip war, waren meine Erwartungen auch dementsprechend hoch. Das Menü startet mit einem japanischen Eierstich mit Uni. Dann gab es Sashimi, Grillfisch und Shabu Shabu zum Hauptgang. Danach ein Tontopf mit Reis und der Hokkaido-Seespinne, ein sehr exklusives Produkt. Das Essen ist im Schnelldurchgang erzählt; es fehlt überall der Kick, die Säure ab und zu Salz. Es fehlt die Extra-Qualität, die ich aus Japan kenne und es fehlt der herzliche Service, der trotz Sprachbarriere auch in Japan gelebt wird.
Der Höhepunkt wird jedoch zum Schluss serviert – das Dessert ist ein wahres WOW-Erlebnis. Sauerrahmglace, Hibiki Whisky und Persimmon bilden eine Geschmacksexplosion, die ich sicherlich mit in die Schweiz nehme. Freut euch darauf!
Abschliessend ein Funfact: Vor lauter Kulinarik und den vielen Eindrücken habe ich prompt meinen Koffer mit den 100 Aluminium Sheet Pans in China Town liegen lassen. Aber dank Uber Connect sind sie noch rechtzeitig bei mir in Brooklyn, bevor ich zum Flughafen aufbreche. PS: Das ist mir schon vor 5 Jahren passiert und da wurde es ein wenig komplizierter, da Uber noch nicht so entwickelt war. Ende gut, alles gut.
Das waren 6 Tage NYC mit mir. Ich freue mich schon auf die nächste Reise. Stay tuned für weitere Food-Abenteuer aus Japan!
Markus Arnold